Marke Vorarlberg: Vielen Dank erst einmal für das vergangene Jahr, das für uns auch dank Ihnen zu einem überaus Spannenden geworden ist. Wir haben schon in diversen Medienbeiträgen über Ihre Sichtweise zur Marke Vorarlberg gelesen und gehört. Es würde uns nun an dieser Stelle interessieren, wie ihr persönlicher Bezug zu diesem Land ist – gibt es Lieblingsorte bzw. Dinge, die Sie hier am liebsten tun?
Klaus-Dieter Koch: Oh, da gibt es vieles. Seit über 15 Jahren habe ich eine Verbindung zum Ländle, zuerst überwiegend beruflich, dann auch privat und die hat sich in den letzten 10 Jahren intensiviert. Aufgrund der Vielfalt des Landes und der vielen Menschen, die mir auch persönlich ans Herz gewachsen sind, gibt es viele Themen, die mich interessieren. Als Kunstinteressierter natürlich zuerst das Kunsthaus und die Festspiele, die ich jedes Jahr besuche. Als Segler liebe ich die Fussacher Bucht und das seichte Gewässer am Alten Rhein. Im Montafon fahre ich gerne Ski, wenn es ernsthaft werden soll und den Bregenzerwald liebe ich nicht nur wegen seiner einzigartigen Natur, sondern auch wegen seiner einzigartigen Menschen. Neben Sport und Natur liebe ich aber ganz besonders die Kulinarik in Vorarlberg, ob Schiff oder Krone in Hittisau, Mangold Lochau oder dem Guth in Lauterach, das versüßt manche arbeitsreichen Tage. Und wenn man denkt man kennt sich aus, entdeckt man schon wieder etwas Neues.
Marke Vorarlberg: Sie haben gemeinsam mit Ihrem Team und einer 30-köpfigen Projektgruppe die markenstrategischen Elemente definiert. Auch die Meinung der Bevölkerung wurde eingefangen. Man kann sich vorstellen, dass der Spagat zwischen Zuhören, verschiedene Meinungen gelten lassen und zeitgerecht Entscheidungen zu fällen nicht immer leicht war. Wie sehen Sie das im Rückblick?
Klaus-Dieter Koch: Zuhören fällt mir leicht, denn in dem Gesagten liegt sehr oft der Schlüssel zur Lösung. Gute Berater sollten meiner Auffassung nach noch bessere Zuhörer sein. Die Meinungsvielfalt (und davon gibt es genug im Ländle) ist der Weg zum Erfolg. Die will ich nicht nur gelten lassen, sondern stimulieren, anfeuern wo immer es geht. Das hilft allen Teilnehmern, ihre angestammten Denkansätze zu verlassen und sich aufzuschließen gegenüber Neuem. Meine Aufgabe besteht eigentlich hautsächlich darin zu erkennen wann alles gesagt wurde und die Gruppe dann zu einer möglichst gemeinsamen Entscheidung zu bringen, die in die Zukunft zeigt.
Marke Vorarlberg: Was sagen Sie zum neuen Logo?
Klaus-Dieter Koch: Kräftig, selbstbewusst, markant, wie die Vorarlberger so sind.
Marke Vorarlberg: Vorarlberg befindet sich nun also auf dem Weg, bis 2035 der chancenreichste Lebensraum für Kinder zu werden. Das Ziel klingt recht ambitioniert. Glauben Sie, wir schaffen es?
Klaus-Dieter Koch: Ja, zweifellos, der Rückhalt bei den politisch Verantwortlichen ist größer als erwartet, die Bevölkerung beteiligt sich aktiv und steht voll und ganz dahinter. Die Saat ist ausgebracht, jetzt muss durch konsequentes Handeln die Umsetzung erfolgen. Dies geschieht auf zwei Wegen: Dem WAS und dem WIE. Beim WIE werden wir zusehen, bereits vorhandene Initiativen durch strategiegerechtes Handeln so auszuführen, dass sie uns unserem Ziel näherbringen. Das kann Projekte, die in der Pipeline sind, beflügeln. Dann wird es noch WAS-Projekte, also neu initiierte Projekte geben, von größeren, für alle sichtbare Leuchttürme bis hin zu Nischenthemen wird es hier vieles geben, was uns hilft zu zeigen, dass was passiert. Die kritischen Monate um das große Rad anzuschieben werden die ersten 24 Monate nach der Landtagswahl sein. Hier wird der Grundton gesetzt werden, hierauf konzentrieren wir uns ganz besonders.
Marke Vorarlberg: Wir haben uns im Markenprozess auch mit globalen Trends beschäftigt, welche davon werden Ihrer Meinung nach Vorarlberg besonders betreffen und inwiefern hilft uns die Positionierung hier weiter?
Klaus-Dieter Koch: Die Digitalisierung und die Aging Society, um nur zwei herauszugreifen. Beide Trends spielen eine zentrale Rolle in der Veränderung von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Wie wir arbeiten, wie wir leben wollen, mit welcher Qualität und welcher Work-Life-Balance wird sich in den kommenden 25 Jahren extrem wandeln. Diese Veränderungen werden so massiv sein, dass darunter viele Regionen und Orte leiden werden, andere werden prosperieren. Zu den letzteren zählen alle Regionen, denen es gelingt, Natur und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen, Urbanität verbunden mit Wirtschaftskraft und vielen spannenden Arbeitsstellen wie Naturerlebnis, gesunde Umwelt, Sicherheit und Genuss. Die Menschen im digitalen Zeitalter sehen Natur und wirtschaftliche Prosperität nicht mehr als Gegensatz und sind nicht mehr bereit, eines von beiden zu opfern.
Diese Ausgewogenheit zu managen wird die künftige Hauptaufgabe der Politik sein. Gleiches gilt für den strategischen Wettbewerbsvorteil Familie und Kinderfreundlichkeit. Wer Familien und Kinder anzieht, wer so attraktiv ist, dass Studenten nach ihrem Studium wieder zurückkommen oder bewusst hierherziehen, der hat auch später die Talente, die das Land nach vorne bringen.
Marke Vorarlberg: Mit den passenden Projekten, wie dem Campus V, Vorarlberg lässt kein Kind zurück oder dem Projekt LandStadt können wir die Marke schon konkret umsetzen. Was empfehlen Sie uns an dieser Stelle?
Klaus-Dieter Koch: Ja, es gibt viele sehr passende Projekte im Land. Wir wollten und haben die Welt ja nicht erfunden, sondern sehen uns eher als Verdichter der Energien, die im Land schon am Werk sind. Uns geht es primär ums Finden, nicht ums Erfinden. Daher empfehle ich zwei Dinge: 1. Wie können sich die Verantwortlichen aus der Markenstrategie Rückenwind holen, indem sie deren Erkenntnisse in ihr Projekt integrieren und dadurch konsequenter agieren können und 2. Sich dadurch ihrem Wert für die Zukunft des Landes noch bewusster zu werden und entsprechend zu handeln.
Marke Vorarlberg: Nehmen Sie aus dem Vorarlberger Markenexzellenzprozess etwas für Ihre weitere Tätigkeit als Managementberater mit?
Klaus-Dieter Koch: Oh ja, sehr viel, aber die größte Erfahrung war, wie überlegen ein kleines Land agieren kann, wenn es dies selbstbestimmt aus einer Stärke heraus tut und über Menschen verfügt, deren Mindset so unglaublich auf Veränderung und Zukunft und nicht auf verwalten und konservieren des Erreichten getriggert ist. Größe ist anscheinend nicht gleich Stärke.