Eine Vorreiterrolle gegenüber anderen Bundesländern nimmt Vorarlberg laut Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani etwa ein, wenn es darum geht, pädagogisch neue Wege zu gehen. Beispielsweise rund um den Übergang vom Kindergarten in die Volksschule. Nach dem Motto „Von einer Hand in die andere“ arbeiten hier Kindergärten und Volksschulen schon viele Jahre an einem möglichst gut vorbereiteten und begleiteten Übergang in die Schule. Dazu gehört die Abstimmung bzw. die gemeinsame Erarbeitung der pädagogischen Konzepte von Kindergartenpädagog*innen und Volksschullehrer*innen.
Auch im Volksschulbereich gibt es Initiativen aus Vorarlberg, die weit über die Landesgrenzen wirken. Etwa mit dem Projekt zur Weiterentwicklung der Schulen der 10- bis 14-Jährigen. Ziel ist eine leistungsstarke und gleichzeitig chancengerechte Schule für die 10- bis 14-Jährigen. Auf Vorarlberger Initiative wurde die Einrichtung von Modellregionen bundesgesetzlich verankert.
Nächste EDV-Offensive in den Startlöchern
Im Bereich der digitalen Bildung profitieren die Schulen in Vorarlberg von einer guten Ausstattung. Computer-Arbeitsplätze, Netzwerke, Datensicherheit, Server, Laptop-Klassen, aber auch die Systembetreuung, die von dafür ausgebildeten Lehrpersonen geleistet wird, sind Teil davon. Auch Online-Lernplattformen können von Schulen kostenlos verwendet werden. Viele Schulen arbeiten mit „Smartboards“, die den Unterricht mit interaktiven Lernprogrammen und -spielen bereichern. Die nächste EDV-Offensive befindet sich bereits in Vorbereitung und wird heuer 420.000 Euro umfassen. Auch in diesem Bereich darf sich Vorarlberg österreichweit als Vorreiter bezeichnen.
Erfolge mit dualer Ausbildung
Die duale Ausbildung ist nach wie vor ein Vorarlberger Erfolgskonzept und hat Vorarlberg zum Bundesland mit der höchsten Lehrlingsquote in Österreich (ca. 52 %) gemacht.
Die Ausbildung, die in enger Zusammenarbeit zwischen den Landesberufsschulen und den ausbildenden Betrieben vonstattengeht, hat ein sehr hohes Niveau. Den unterschiedlichen Bedürfnissen der Jugendlichen wird im Rahmen von Angeboten wie Lehre und Matura (120 Personen haben das Modell bislang erfolgreich absolviert), Integrativer Berufsausbildung oder Lehrlingscoaching begegnet. Geringe Jugendarbeitslosigkeit.
Berufsorientierung: Im Rahmen des „Talente-Checks“ (seit 2015/16 flächendeckend) lernen Jugendliche mittels gezielter Checks, Selbsteinschätzungsverfahren und Standortgesprächen ihre Interessen, Talente und Begabungen genauer kennen. Sie werden auf eventuelle Lücken aufmerksam gemacht und erhalten die Chance, ihre Kompetenzen weiter zu entwickeln.
Viele Maßnahmen basieren auf einer engen Zusammenarbeit zwischen den Systempartnern. Der ständige Austausch hilft sowohl beim Aufdecken von Bedarfen als auch bei der Erstellung neuer Initiativen. Dabei geht es immer darum, Schulen bzw. Lehrpersonen in ihren Aufgaben zu unterstützen und damit den Bildungserfolg der Schüler*innen zu fördern.
In Sachen Schulbau ist Vorarlberg sehr fortschrittlich. Im Pflichtschulbereich sind in den vergangenen Jahren einige Vorzeigeschulen entstanden, die nur dank finanzieller Unterstützung von Gemeinden und Land ermöglicht wurden. Dabei wird immer wichtiger, dass das Gebäude den aktuellen pädagogischen Herausforderungen entspricht und auf die Lehr- und Lernkonzepte der Schulen eingeht.
Grundsätzlich besteht in Vorarlberg eine hohe Finanzierungsbereitschaft durch das Land. Viele Initiativen wären sonst nicht möglich gewesen. Gerade auch beim Lehrerpersonal an Pflichtschulen investiert das Land jährlich rund 20 Mio. Euro zusätzlich. Darin enthalten sind Mittel für ganztägige Schulformen, Schulsozialarbeit, VS-Paket, administrative Entlastung, Kleinschulen, Schulen mit besonderen Herausforderungen etc.
Herausforderungen werden angepackt
Sprache: Sprachförderung ist und bleibt ein großes Thema. Wir müssen sicher stellen, dass Kinder vom Unterricht von Anfang an folgen können. Forciert wird vor allem die Koordination der Sprach- und Leseförderung an den Volks- und Mittelschulen. Bereits im vergangenen Schuljahr hat dazu ein eigenes „Sprache.Lesen.Team“ seine Arbeit aufgenommen. Im Auftrag des Landes wurden von der Projektstelle „okay.zusammen leben“ ein Konzept zur durchgängigen Sprachentwicklungsbegleitung vom Kindergarten bis in die Sekundarstufe erarbeitet, das nun an den Schulen umgesetzt werden soll.
Übergänge: Mit der Bildungsdirektion werden die Schulverwaltung und die Schulaufsicht neu aufgestellt. Im Zentrum sollen die Schüler*innen und ihre Bildungsverläufe stehen. Vor allem die Übergänge von einer Schulart in die andere sollen besser gestaltet werden, da die pädagogischen Teams, die die Schulaufsicht ablösen werden, intensiver zusammenarbeiten sollen als bisher.
Inklusion: Ein wesentliches Ziel in den kommenden Jahren ist die Umsetzung eines inklusiven Schulsystems, das Bildungsbarrieren abbaut und die Chancengerechtigkeit erhöht. Es geht nicht um die Abschaffung von Sonderschulen, sondern um eine neue Organisation und Struktur durch eine gemeinsame Schulleitung. Unter einem gemeinsamen Dach sollen unterschiedliche Lehrpläne angeboten und die flexible Bildung von Interessens- und Kleingruppen ermöglicht werden.
Lehrerpersonal: Eine Herausforderung liegt auch in der Personalsituation. Viele Lehrpersonen werden in den nächsten Jahren in Pension gehen. Aufgrund der neuen Lehrerausbildung und des gesellschaftlichen Images ist der Lehrerberuf derzeit mit gewissen Unwägbarkeiten konfrontiert. Wir müssen uns intensiv um die öffentliche Wertschätzung der Lehrer*innen bemühen, dann entscheiden sich auch wieder mehr junge Menschen für diesen Beruf.
Auch eine Marke Vorarlberg könnte dazu beitragen, die beschriebenen Themen voranzutreiben. Wir haben hier für Sie schon einmal ein paar Best Practice Beispiele im Bildungsbereich zusammengestellt – sie zeigen, wie der Weg zum “chancenreichsten Lebensraum für Kinder” weitergehen könnte.
© Bähringer, Volksschule Lauterach-Dorf