Chancengerechtigkeit ernst gemeint

06.09.2024, 09:51 Uhr

128 Jungpädagoginnen haben im Juli ihr Abschlusszeugnis erhalten, 130 Millionen Euro investiert das Land Vorarlberg heuer für Kinderbetreuung, jetzt sind gute Rahmenbedingungen gefragt. Wir haben in Rankweil ein Vorzeigebeispiel entdeckt.

Es gibt Gemeinden, in denen Familienfreundlichkeit sehr ernst genommen wird und Bürgermeister*innen ernst zu nehmende Ressourcen in Präventionsarbeit stecken. Da hat zum Beispiel die Kinderbetreuung eine eigene, zusätzliche Sozialpädagogin sowie eine Person, die in den Morgenstunden eine Art Rezeption betreibt. Wer die Kinderbetreuung Bifang in Rankweil besucht, hat den Eindruck, dass in diesem Bezirk tatsächlich kein Kind zurückgelassen wird. Weil bereits für die Allerkleinsten eine hochwertige Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht und die Eltern kompetente Ansprechpartner*innen für ihre Themen haben.

„Wir arbeiten hier nach dem Early-Excellence-Ansatz“, berichtet Regina Lins, die Leiterin. Das Konzept stammt aus England. Regina Lins konnte die Bürgermeisterin überzeugen, eine Beraterin aus Stuttgart nach Rankweil zu bringen, um das Team auszubilden. Inzwischen wird „Early Excellence“ auch in Lochau unterrichtet.

Im Wesentlichen geht es darum, dass jedes Kind als exzellent gilt und von der Betreuerin begleitet und unterstützt statt erzogen wird. Die Eltern wiederum werden als Experten für das Kind angesehen und sind daher wichtige Ansprechpartner für die Betreuer*innen. Im Bifang stehen die Türen jedenfalls offen und das tägliche Elterncafé, das von halb acht bis halb zehn offen ist, ist gut gefüllt. Der Austausch und die Vernetzung sind wichtige soziale Kontakte in dieser entscheidenden Zeit für junge Familien.

Räumlich ist diese offene Haltung auch deshalb möglich, weil in Rankweil sowohl ein Familientreff als auch eine Elternberatung für Neugeborene direkt bei der Kinderbetreuung angeschlossen sind. Hier steht den Familien von Anfang an qualifiziertes Fachpersonal zur Verfügung.

Mehr Qualität für Kinderbetreuung gilt für ganz Vorarlberg als Ziel. Beispielsweise kommt ein neues Instrument zur Kindbeobachtung zum Einsatz. Das „Kinder Diagnose Tool (KiDiT)“ hat sich in der einjährigen Pilotphase bewährt und leistet nun einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Elementarpädagogik im ganzen Land.

Auch ein neues Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz hat einiges bewirkt: Mehr Betreuungsplätze, flexiblere Öffnungszeiten und ein besseres Niveau in Punkto Qualität. 2023 investierte das Land Vorarlberg erstmals über 100 Millionen Euro in die Elementarpädagogik. 2024 sind es schon 130 Millionen.

Bei all diesen Entwicklungen darf man nicht vergessen, dass Chancengerechtigkeit sehr vielschichtig ist und nicht allein durch mehr Kinderbetreuung erreicht wird. Familienfreundlichkeit muss sowohl in Unternehmen als auch in Gemeinden relevant sein. Doch zurück zur Elementarpädagogik: 128 Jungpädagoginnen haben in diesem Juli ihr Abschlusszeugnis erhalten. 71 den Bachelor und 19 den Master zum Lehramt Primarstufe sowie 17 den Bachelor zum Lehramt Sekundarstufe Berufsbildung gemacht, 21 haben das Studium Elementarpädagogik – Frühe Bildung durchlaufen. Hoffen wir, dass sie eine Umgebung finden, in der sie gute Arbeit leisten können!