Dornbirn, 10.05.2022 Eine der drängendsten Fragen unserer Zeit bleibt nach wie vor ungelöst: Einerseits brauchen wir Wirtschaftswachstum, andererseits aber auch eine intakte Natur – wie es gelingen kann, dass sich das eine nicht auf Kosten des anderen entwickelt, bleibt ein Experimentierfeld, das nicht genug bearbeitet werden kann. Beim Symposium „Welt der Kinder“, bei dem wir als Partner mit dabei waren, endete der großartige Reiner Klingholz seinen Vortrag mit dem Appell, an diesem Paradoxon weiter zu diskutieren und zu arbeiten.
Das tun wir sehr gerne! Auch wir haben uns diesen Fragen gestellt, als wir gemeinsam mit Expert*innen und Visionär*innen die Marke Vorarlberg entwickelt haben. Auch wir haben uns gefragt, auf welche Stärken Vorarlbergs wir setzen sollen, um in Zukunft noch mehr Menschen eine höhere Lebensqualität gewährleisten zu können. Das gemeinsame Zukunftsbild „2035 ist Vorarlberg der chancenreichste Lebensraum für Kinder“ ist das Ergebnis komplexer Überlegungen. Wie es erreicht werden soll? Vier Leitplanken wurden dafür definiert: Kontraste als wertschätzend erachten – das bedeutet, dass Gremien, in denen Entscheidungen getroffen werden, in Zukunft vielfältiger besetzt werden sollten. Zweitens: Neue Projekte auch mal aus der Perspektive eines Kindes betrachten. Drittens: Kindern Chancen ermöglichen. Viertens: Fairness und Toleranz leben.
Was hier recht abstrakt klingt, erfahren wir aktuell in unserer Veranstaltungsreihe „Wissen verbindet“. An fünf verschiedenen Orten im Land werden „Best-Practice-Beispiele“ hautnah erlebt. Vergangenen Mittwoch waren wir beispielsweise bei der Firma ALPLA in Hard zu Gast.
Hier gehen die Lehrlingsausbildner den Weg der „gnadenlosen Stärkenorientierung“, wie es Psychotherapeut Bertram Strolz nennt. Er hatte den Auftrag erhalten, das Unternehmen auf dem Weg zu einer noch professionelleren Lehrlingsausbildung zu unterstützen. Herausgekommen ist ein ganzes Werkzeugset an Übungen und Trainings, die im Arbeitsalltag eingesetzt werden.
„Wir sprechen mit den Lehrlingen ganz bewusst über ihre Lebensziele, ihren Lebenssinn und ihre Stärken, durch diese Bilder stellt sich mit der Zeit intrinsische Motivation und erhöhtes Engagement im Beruf ein“, so Strolz.
Der Fokus auf die Stärken eines jungen Menschen bewirke schlussendlich auch eine gewisse Resilienz und Zuversicht. „Jeder Mensch kommt mit einem eigenen Stärkenprofil auf die Welt“, so Strolz. Ähnlich, wie jeder Mensch seine eigene Körperkonstitution habe, gäbe es auch Charakterstärken, die benannt werden sollten, damit man darauf aufbauen kann.
Nach dem Bewusstwerden der jeweiligen Stärken der Jugendlichen sei es wichtig, ein Umfeld zu finden, in dem er oder sie diese Stärken auch leben kann. Genauso wichtig sei der Fokus auf Dankbarkeit – so komme es zur Potenzialentfaltung.
Die Veranstaltungsreihe „Wissen verbindet“ steht in diesem Zyklus unter dem Motto „Wir leben Beziehungen“. Angefangen in der Naturvielfalterschule in Bersbuch, wo Herzensbildung im Vordergrund steht über das W*ORT in Lustenau, wo Jugendliche und Kinder ihre kreativen Fähigkeiten einbringen bis zur Kletterhalle in Dornbirn, wo man sportliche Spitzenleistungen und sozialen Zusammenhalt erlebte – an all diesen Orten ging man der Frage nach, was einen chancenreichen Lebensraum ausmacht, worauf es ankommt.
Dieser Beitrag von Christina Meusburger ist Anfang Mai 2022 in der Zeitschrift „Thema Vorarlberg“ erschienen.
Foto: Eva Sutter