Am Anfang gab es ein Telefon und ein Faxgerät im Kinderzimmer eines – wie er selbst meint – „klassischen Schulversagers“. Heute sind es rund 400 Mitarbeitende, ein architektonisch herausragendes Firmengebäude und eine Holding für Beteiligungsmanagement. Udo Filzmaier erinnert sich daran, wie schwierig für ihn als Schüler alles war, was mit Sprachen und Auswendiglernen zu tun hatte, seine Stärken sind ja eher im Mathematischen. Nicht zuletzt deshalb sei er damals vom Gymnasium zurück in die Hauptschule.
Eine Laufbahn, die er mit vielen anderen erfolgreichen Entwicklern dieser Welt teilt – sehr viele von ihnen sind in der Schule gescheitert und haben sich das Programmieren selbst beigebracht. „In unserem relativ starren Bildungssystem versuchen wir stets, alle Kinder auf denselben Level zu holen. Ich bezweifle, ob das wirklich wichtig ist“, meint Filzmaier. „Ist es nicht viel wichtiger, die Begabungen möglichst früh zu entdecken und entsprechend zu fördern?“
Mit dieser Frage steht er nicht allein da. Auch der österreichische Genetiker Markus Hengstschläger betont in seinem Buch „Die Durchschnittsfalle“, dass die komplexen Herausforderungen unserer Zukunft viele verschiedene Talente benötigen, die ihre Chancen dann individuell wahrnehmen.
Jedenfalls ist Udo Filzmaier auch dieser Herausforderung nachgegangen und hat das Projekt „Code4Talents“ in Vorarlberg gestartet. „Ich kann das System zwar nicht verändern, aber ich kann einen Beitrag leisten“ lautet seine Devise. „Code4Talents“ wird nun als Marke-Vorarlberg-Projekt landesweit ausgerollt. Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es derzeit leider nur Online Kurse, aber grundsätzlich sind schon 42 Volksschulen mit im Boot. Im 1:1 Coaching mit HTL-Schüler*innen wird jedes Kind auf seinem persönlichen Leistungsniveau gefördert. Die Freude am Gestalten steht im Vordergrund. Der offene, freiwillige und spielerische Zugang könne echte intrinsische Motivation entfalten. „Als ich letztes Mal dabei war, hat ein Volksschüler in 1,5 Stunden ein Multiplayer-Game entwickelt. Ich könnte das nicht“, erzählt Filzmaier voll Bewunderung.
Sein Beitrag für den Bildungsbereich hat noch einen weiteren Grund: Für ihn ist Programmieren eines der wichtigsten Zukunftskills. Was Big Data und Analytics angehe, spiele Vorarlberg eine bescheidene Rolle. „Wir befinden uns auf der Anwender- und nicht auf der Entwicklerseite.“ Obwohl er die Neuerungen in den HTLs sehr schätzt, sieht er noch viel Handlungsbedarf an vielen Ecken und Enden im Land.
„Eine der größten Stärken Vorarlbergs ist die gute Vernetzung der Menschen untereinander“, das ist nicht zuletzt wieder im Rahmen von School Kids Online deutlich geworden. Damals – im ersten Lockdown im März 2020 – verteilten zahlreiche Helferinnen und Helfer insgesamt 1.500 Computer an Vorarlberger Schüler*innen. Neben Udo Filzmaier und dem Marke-Vorarlberg-Team waren auch HTL-Schüler, die Digitalen Initiativen und viele Mitarbeitenden der Vorarlberger Landesverwaltung engagiert.
„Ich bin einfach hands-on“, erklärt Filzmaier. Damit ist er nicht allein. Das Netzwerk in Vorarlberg funktioniere richtig gut. „In der Industrie sind wir gut vernetzt egal wen ich anrufe, es gibt dieses oder jenes Thema, man versucht gemeinsam gute Lösungen zu finden. Damit können wir zusammen recht viel bewegen.“ Gemeinsam lautet übrigens auch das Motto bei der S.I.E. Solutions. Soziokratische Prozesse mit den Mitarbeitenden, der Staatspreis für Familie und Beruf 2020 zeugen davon.
Fotos: Sie Solutions, Alexandra Folie (WISTO)
Text: Christina Meusburger