Seit 2015 haben Jugendliche des Jugendforums Montafon die Möglichkeit, im Gremium des Standes Montafon mitzuwirken. Sie beteiligen sich, reden mit und engagieren sich. Das ermutigt und wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Gemeinden aus. Der Dialog zwischen den politisch Verantwortlichen und den jungen Menschen ist für alle Beteiligten ein Gewinn.
Um noch mehr jungen Menschen Mitsprache zu ermöglichen, benötigt es passende Rahmenbedingungen sowie ein breiteres Spektrum an Mitsprachemöglichkeiten. Die jungen Menschen erfahren dadurch, was Demokratie bedeutet und lernen, sich für ihre Interessen zu engagieren. Im neuen Marke-Vorarlberg-Projekt wird eine umfassende Kinder- und Jugendbeteiligung im Montafon umgesetzt.
Auf Basis der gesetzten Schwerpunkte aus dem Modellvorhaben „Kein Kind zurücklassen“ und den Präventionszielen für ein „Familienfreundliches Montafon“ soll eine Beteiligung für Kinder und Jugendliche im Montafon verstärkt implementiert werden. Das Modellvorhaben wurde im Herbst 2019 im Montafon gestartet. Die Präventionsziele sind das Ergebnis des Familiengipfels vom 8. November 2019. Das Zielbild des regionalen Räumlichen Entwicklungskonzepts (regREK) für das Montafon vom 21. Jänner 2020 fokussiert auf einen sozialen Zusammenhalt. Konkret sollen Kinder und Jugendliche verstärkt durch Einbindung in Entscheidungs- und Beteiligungsprozesse gestärkt werden.
Um eine durchgehende Kinder- und Jugendbeteiligung vom Kindergartenalter bis zur Volljährigkeit in allen Montafoner Gemeinden zu gewährleisten und umzusetzen, ist ein Planungshorizont von voraussichtlich vier Jahren vorgesehen. Die ersten Umsetzungsschritte können zu Beginn des Schuljahres 2021/22 realisiert werden.
Bezugnehmend auf das vorliegende Thema wird auf die UN-Kinderrechtskonvention verwiesen, welche Folgendes beinhaltet:
„Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigt die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“ (UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 12, Abs.1)
Österreich hat die Kinderrechtskonvention 1992 anerkannt und seit 2011 in der österreichischen Verfassung verankert. Das Land Vorarlberg hat die Kinderrechte schon 2004 in der Landesverfassung verankert. Die Novelle des Vorarlberger Kinder- und Jugendgesetztes aus dem Jahr 2017 stärkt die Mitspracherechte von jungen Menschen in Vorarlberg. Damit sollen die Kinderrechte eine noch stärkere Geltungskraft entfalten (vgl. Kinder- und Jugendgesetz Vorarlberg §6; §7, 2020).
Im Herbst 2019 wurde von der Fachhochschule Vorarlberg im Auftrag des Büros für Freiwilliges Engagement und Beteiligung (FEB)4 und der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) eine Umfrage in allen Vorarlberger Gemeinden durchgeführt. Die zentrale Fragestellung war, welche Möglichkeiten der Mitsprache es für Kinder und Jugendliche gibt und inwieweit deren Rechte auf Beteiligung verwirklicht werden können. Für beide Bereiche lässt sich sagen, dass die Möglichkeit einer anlassbezogenen Kinder- bzw. Jugendbeteiligung und Mitsprachemöglichkeit eher gegeben ist, als eine dauerhafte. Generell zeigt sich, dass die Werte bei der Jugendbeteiligung wesentlich höher liegen, als jene der Kinderbeteiligung.
In den letzten Jahren wurden im Auftrag des Standes Montafon und auf Initiative der Jugendkoordination einige Kinder- und Jugendbeteiligungsformate umgesetzt. Aus einem dieser Formate entwickelte sich 2015 das Jugendforum Montafon. Gemeinsam mit der Jugendkoordination und dem damaligen Büro für Zukunftsfragen hat sich das Jugendforum Montafon als Institution etabliert.
Die Jugendlichen haben bei wichtigen Entscheidungen im Tal und in den Gemeinden eine echte Mitsprachemöglichkeit. Das Jugendforum dient als Bindeglied zwischen den Jugendlichen in der Talschaft und dem Stand Montafon und ermöglicht eine konstante Kommunikation zwischen den Jugendlichen und den politischen Vertreter*innen. Die Jugendlichen des Jugendforums verfügen über ein eigenes Büro und eigene finanzielle Mittel, die je zur Hälfte vom Stand Montafon und dem Land Vorarlberg zur Verfügung gestellt werden. Das Jugendforum wird von den Jugendlichen eigenverantwortlich geführt und von der Jugendkoordination fachlich begleitet.
Um zukünftig Jugendliche für das Jugendforum zu gewinnen und verstärkt in gesellschaftliche und politische Entscheidungsprozesse mit einzubinden, empfiehlt es sich, in den Kindergärten und Pflichtschulen erste Schritte in Richtung (politische) Beteiligung zu setzen.
Das schulische Umfeld bietet geeignete Erfahrungsräume für das Erlernen demokratischer Grundsätze und Abläufe. Hier können die Schüler*innen als Expert*innen in eigener Sache mitbestimmen und mitgestalten. In der Schule werden alle Kinder und Jugendlichen erreicht, unabhängig von ihres sozialen Status.
Das Modell der Partizipationsstufen (Hart, 1997) ist eine Darstellung der Zunahme von Gestaltungsspielräumen durch steigende Beteiligungsintensität. Die Stufen dienen der Orientierung in Bezug auf die Ausprägung der Beteiligungsformen in den Vorarlberger Gemeinden. Die Stufen des Modells sind:
– Informieren
– Anliegen einbringen
– Bei Entscheidungen mitbestimmen
– Eigene Initiative starten
Verschiedene, sich ergänzende Bausteine, beginnend vom Kindergarten über die Volkschulen und Mittelschulen bis hin zum schon bestehenden Jugendforum, sollen geschaffen werden. Die einzelnen Bausteine sind zum Teil bewährte Konzepte aus anderen Regionen (Kinderbeteiligung von welt der kinder, Soziokratische Klassensprecher*innenwahlen, World Peace Game, Klassensprecher*innentreffen) oder schon bestehende Strukturen (Jugendforum, Fest für die Jugend). Die vorgeschlagenen Bausteine können einzeln, je nach Anforderung und Interesse der Beteiligten implementiert werden.
Ziel des Konzepts ist es, für alle Montafoner Kinder und Jugendlichen eine durchgängige, altersentsprechende Mitsprachemöglichkeit zu realisieren und gleichzeitig die jungen Menschen zu einem selbständigen und eigenverantwortlichen Handeln hinzuführen. Die Kinder und Jugendlichen haben während ihrer Pflichtschulzeit und darüber hinaus wiederholt die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen und ihr Umfeld mitzugestalten. Dabei werden sie von den Pädagog*innen, den politischen Vertreter*innen und den zuständigen Expert*innen unterstützt.
Fotos: Claudio Hirschberger, kma, David Becker, unsplash, Miro Kuzmanovic, Andreas Haller,